07.04.09

Mörder kennen keine Grenzen

Die verschiedenen Genres auch nicht. Und deshalb erwartet uns heute beim Privat-TV-Sender SAT1 auch ein Fantasy-Thriller, bei dem der Held plötzlich aus der Krimi-Handlung in der Gegenwart in die DDR von 1984 zurückkatapultiert wird.
Meine Erinnerung an dieses Jahr ist zwar nicht mehr ganz so gut, aber zum Glück gibt es ja das DDR-Lexikon. 1984 gab es danach unter anderem nicht stattgefundene Auftritte der Kölner Mundart-Band BAP und von Udo Lindenberg in der DDR, die Eröffnung des neuen Friedrichstadtpalastes, die Wahl von Egon Krenz zum stellvertretenden Staatsratsvorsitzenden sowie die Übergabe der zweimillionsten fertiggestellten Wohnung aus dem Wohnungsbauprogramm von 1971. Und in Berlin veranstaltete die FDJ im Juni das dreitägige "Nationale Jugendfestival der DDR".

Davon wird man in dem TV-Thriller "Mörder kennen keine Grenzen", den SAT1 heute Abend um 20.15 Uhr ausstrahlt, vermutlich wenig mitbekommen. "Telefone mit Wählscheiben und am Straßenrand geparkte Trabbis sind jedenfalls ein bisschen wenig, um die DDR des Jahres 1984 wieder auferstehen zu lassen", kritisiert den auch Der Westen. Aber sei es drum: Die Story klingt spannend:
Ein Mörder treibt sein Unwesen in Berlin. Er hat schon unzählige Menschen in ein Tunnelsystem geschleppt und dort vergiftet. Hauptkommissar Maik Brunner sucht akribisch diesen Täter, muss sich jedoch eingestehen, dass keine heiße Spur vorhanden ist. Nach einigen Ermittlungen findet er heraus, dass der Mörder geheime DDR-Tunnelpläne kennen muss, die von unbekannten Anlagen stammen. Das nächste Entführungsopfer ist Maiks schwangere Freundin Bettina. Als er sie im Untergrund sucht, wird er von einer heranrasenden U-Bahn erfasst und erwacht im Volkspolizeikrankenhaus der DDR - im Jahr 1984.

Nicht ahnend, was hier wie vorgefallen ist, wird er bereits von Oberleutnant Gaby Kempe erwartet, die ihn für einen Spezialisten für Serienmorde aus Magdeburg hält, mit dem sie gemeinsam zwei Giftmorde aufklären soll. Auch 1984 wurden die Leichen in U-Bahnschächten gefunden. Es scheint sich um den gleichen Täter zu handeln, der auch 2009 sein Unwesen treibt. Für Maik gibt es jedoch auch andere Probleme: Plötzlich trifft er auf seinen eigentlich verstorbenen Vater, der damals Frau und Kind im Stich gelassen zu haben scheint. Er sieht ein kleines Mädchen, das später einmal seine Freundin sein wird, er verblüfft die anderen durch Ausdrücke, die man in der DDR nicht kennt, und hat Schwierigkeiten, einen Trabi in Gang zu bekommen. Zugleich geht die Suche nach dem Killer weiter.
Soweit der Plot. Kritiker, die den Film bereits gesehen haben, sind geteilter Meinung. kino.de lobt zum Beispiel:
Einen komödiantischen Touch bekommt der Fantasy-Thriller durch den teilweise absurden DDR-Alltag sowie die Achtziger-Jahre-Mode. Stephan Luca spielt den Zeitreisenden in einer Mischung aus Staunen und Pragmatismus. Petra Kleinert überzeugt als ehrenwerte DDR-Bürgerin und trägt Minipli-Dauerwelle und schrille Outfits mit Würde. In Nebenrollen sind Michael Gwisdek, Andreas Hoppe und Rüdiger Joswig zu sehen. Ein gelungener Genremix mit viel Liebe zum Detail.
Auch die Welt ist positiv gestimmt:
Petra Kleinert verkörpert hinreißend authentisch eine Kripo-Beamtin, die zeigt, dass man auch bei den "Schutz- und Sicherheitsorganen" ein höchst anständiger Mensch bleiben konnte. Eine etwas andere Mauergeschichte: spannend und komisch, aber nicht lächerlich.
Nur Der Westen mäkelt rum: 
Schlimm aber ist, dass der Film sich nicht auf die eigentliche Geschichte beschränkt, sondern gleich mehrere unnötige Nebenhandlungsstränge spinnt. Was den Ausflug in die Vergangenheit endgültig zu einer Zeitreise in die Langeweile macht.
So sind sie halt, die Wessis aus dem Ruhrpott. Ich lasse mich auf jeden Fall heute Abend überraschen und (hoffentlich) gut unterhalten. Wenn nur die ständigen Werbepausen bei dem Privatsender nicht wären.