26.05.09

Grünen-Anfrage zum Anschlag auf das Münchner Oktoberfest: Attentäter mit Geheimdienst-Unterstützung?

Über die Existenzberechtigung der Birthler-Behörde wird ja schon länger diskutiert. Wobei nach den jüngsten Entdeckungen in ihrem Archiv zu Karl-Heinz Kurras die positiven Stimmen stark zugenommen haben. Ich will mich dem anschließen, allerdings aus einem anderen Grund.

Gestützt auf in den Kellern der Behörden gelagerten MfS-Akten haben die Grünen (Warum eigentlich nicht die LINKE?) eine kleine Anfrage "Oktoberfest-Attentat - Stasi-Notizen  und Indizien betreffend Beteiligung der Wehrsportgruppe Hoffmann sowie Verbindungen zu Gladio" an die Bundesregierung gestellt. Darin geht es um den Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest im Jahr 1980, durch den 13 Menschen ums Leben kamen und Hunderte teilweise schwer verletzt wurden. 

Richtig aufgeklärt wurde dieses Attentat nie, obwohl deutliche Spuren in die Neonazi-Szene wiesen. In den MfS-Unterlagen aus der Birthler-Behörde finden sich unter anderem Berichte darüber, dass unter Anleitung und mit Hilfe westlicher Geheimdienste "im Zeitraum 1966 bis in die 70er Jahre hinein in Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland Waffenlager angelegt, Pläne für die Sprengung von Verkehrsknotenpunkten und Großbetrieben sowie Putschpläne ausgearbeitet und so genannte Antikommunistische Aktionsgruppen gebildet" wurden. 

Hinsichtlich dieser "Spezialkräfte für den subversiven Kampf" wollen die Grünen nun wissen, ob die Bundesregierung ausschließen kann, dass Organisationen wie die Deutschen Aktionsgruppen, die Aktionsfront Nationaler Sozialisten, der Heimatschutzverein Eifel, die Braunschweiger Gruppe oder die Wehrsportgruppe Hoffmann an solchen Strukturen beteiligt waren. Außerdem, so die sehr detaillierte Anfrage, soll die italienische profaschistische Terrororganisation „Kampf gegen den Kommunismus“ in einem „geheimen NATO-Stützpunkt auf Sardinien und in einem Lager in Bayern ausgebildet worden sein. Auch die Waffen dieser Organisation sollen aus der Bundesrepublik stammen."

Über den Aufbau dieser sogenannten Stay-behind-Strukturen in westlichen Ländern (einschließlich der Bundesrepublik) und die Geheimorganisation Gladio gibt es nur wenige öffentlich zugängliche Informationen. Gedacht waren sie eigentlich, um im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit den Staaten des Warschauer Vertrags den Partisanenkampf "im Rücken des Feindes" zu organisieren. Aber immer wieder gab es auch Hinweise auf  Verbindungen zu rechten Terroranschlägen und zu Putschversuchen z.B. in Italien. Vielleicht bringt ja jetzt die Grünen-Anfrage etwas Aufklärung über die Zusammenhänge?

In meinem Politthriller "Aktion Störtebeker" beschäftige ich mich unter anderem mit militärischen Organisationen wie die AGM/S der Staatssicherheit oder der "Gruppe Ralf Forster". Die hatten - aus Sicht der DDR - eine ähnliche Aufgabenstellung wie "Gladio" im Kalten Krieg. Wenn man deren Aktivitäten aus heutiger Sicht beurteilt, sollte man das westliche Pendant nicht ausblenden. Beide Seiten haben mit ähnlichen Methoden die Auseinandersetzung geführt. Der Unterschied: Die Sieger können heute weiter ihre Archive geschlossen halten und sämtliche Spuren vertuschen. Über die Verlierer kommen dagegen im Laufe der Zeit noch die letzten Geheimnisse ans Licht, siehe Kurras. 

Mit der Grünen-Anfrage könnte es - mit dem Umweg über die Birthler-Behörde - jetzt gelingen, einen kleinen Zipfel der Decke des Schweigens über die Untergrundgruppen im Westen zu lüften. Deshalb sollte ihr Material auch weiterhin öffentlich zugänglich bleiben.